- Christlichdemokratische Volkspartei der Schweiz
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[k-], Abkürzung CVP, politische Partei der Schweiz, in der Tradition des politischen Katholizismus, 1970 hervorgegangen aus der Konservativ-christlichsozialen Volkspartei der Schweiz, Abkürzung KCVP, bekennt sich in ihren Grundsatzprogrammen von 1970, 1978 und 1994 zu einer christlichen, aber zugleich auch überkonfessionell motivierten Politik und zu einer sozialen Wirtschafts- und Gesellschaftsgestaltung; sie betont besonders die föderale Struktur der Schweiz und fordert inzwischen eine Erneuerung des Staatswesens.Wichtigstes Organ ist die aus den Delegierten v. a. der Kantonalsparteien bestehende Delegiertenversammlung; diese wählt den Vorstand und das Präsidium der Partei. Mithilfe eines korporativ bestimmten Aufbauprinzips gliederte sie zahlreiche Sonderorganisationen, z. B. den »Christlichnationalen Gewerkschaftsbund« oder den »Schweizerischen katholischen Bauernbund« in ihre Organisation ein.Ab 1848, der Neugründung des Schweizer Bundesstaates nach der Niederlage der föderalistisch orientierten Katholisch-Konservativen im Sonderbundkrieg 1847, bestand bis zur Revision der Bundesverfassung von 1874 ein totales politisches Übergewicht des eher zentralistisch orientierten Freisinns im eidgenössischen Parlament (Bundesversammlung: Nationalrat und Ständerat). Der politische Katholizismus bildete eine unbedeutende Minderheit; lediglich in den Sonderbundkatalogen gewannen die Katholisch-Konservativen bis 1871 die Regierung zurück (u. a. Luzern, Uri, Schwyz, Zug, Freiburg, Wallis). Mit einigen Erfolgen in verschiedenen Referenden konnten sie sich nach 1874 zunehmend als politische Kraft im Land etablieren; 1891 wurde Joseph Zemp (* 1834, ✝ 1908; 1902 Bundespräsident) erster katholisch-konservativer Bundesrat; sein Versuch zur Gründung einer katholischen »Konservativen Union« scheiterte. Mit der Gründung der Katholischen Volkspartei (1894) beziehungsweise der Schweizerischen Konservativen Volkspartei (nach der Umbennenung 1912) gelang den katholisch bestimmten Kräften der Schweiz die Bildung einer landesweiten politischen Organisation, die nach dem Ersten Weltkrieg und dem Schock des »Generalstreiks« von 1918 zeitweilig zur stärksten Partei in der Bundesversammlung aufstieg und zum Koalitionspartner des Freisinns wurde (»Bürgerblock«, 1918-29). Seit 1919 entsendet die Partei zwei Vertreter in den Bundesrat. Zwischen den Weltkriegen gewann der Tessiner G. Motta als Vorsteher des Politischen Departements großen Einfluss auf die schweizerische Außenpolitik. Unter dem Druck ihres christlichsozialen Flügels rückte die Partei in den 50er-Jahren stärker nach links; sie hieß 1957-70 Konservativ-christlichsoziale Volkspartei der Schweiz und übte in dieser Zeit maßgeblichen Einfluss auf die Durchsetzung des Proporzsystems bei der personellen Zusammensetzung des Bundesrats aus (»Zauberformel«-Regierung seit 1959).Seit 1918 konnte die Partei ein stabiles Wählerpotenzial, v. a. in den ländlichen Gebieten der katholischen Innerschweiz, erreichen (zwischen 20 und 23,3 % der Stimmen); 1991 errang sie erstmals nur 18,3 % der Stimmen, blieb aber drittstärkste Fraktion im Nationalrat (36 Abgeordnete; 1995: 16,8 % und 34 Abgeordnete im Nationalrat; 1999: 15,9 % und 35 Abgeordnete im Nationalrat, damit viertstärkste politische Kraft). Aufgrund ihrer starken Stellung in den ehemaligen Sonderbundkatalogen wurde sie im Ständerat 1935 stärkste Partei (bis 1991); seitdem ist sie - hinter dem Freisinn - zweitstärkste politische Kraft (1999: 15 Abgeordnete). Seit der programmatischen Erneuerung von 1993/94 unter Parteipräsident A. Cottier (* 1943; 1994-97) betont die Partei den Grundsatz von »Solidarität, Subsidiarität und Freiheit« und diese als Schlüsselbegriffe ihrer christdemokratischen und christlich-ethischen Mitte- oder Zentrumspolitik. Ab 1995/96 engagierte sich die CVP für eine Revision der Bundesverfassung Unter Parteipräsident Adalbert Durrer (seit 1997) tritt die CVP u. a. für eine »innovative Politik« sowie den UNO-Beitritt der Schweiz bei Erhalt der Neutralität ein. - Die 1994 formierte »Christlichsoziale Gruppierung«, die aus der CVP in Zürich als eigenständige Partei hervorging, schloss sich 1997 mit den Kantonalparteien in Freiburg, Jura und Luzern zur Christlichsozialen Partei der Schweiz« (CSP) zusammen; bei den Nationalratswahlen 1999 erreichte sie 0,42 % der Stimmen.M. Hodel: Die Schweizerische Konservative Volkspartei 1918-1929 (Freiburg 1994).
Universal-Lexikon. 2012.